Mehr Licht ins Dunkel der Wintertage bringen
Bei Dunkelheit aus dem Haus gehen – bei Dunkelheit nach Hause kommen: Wenn im Winter Tageslicht zur Mangelware wird, schlägt das auf die Stimmung. Und wer für depressive Episoden anfällig ist oder bereits mit einer Depression kämpft, hat es in dieser Zeit besonders schwer. Denn der Wechsel von Tag und Nacht beeinflusst auch unseren Hormonhaushalt.
Ist eine Depression im Winter immer eine Winterdepression?
Obwohl viele Menschen vor allem im Januar und Februar zum „Winterblues“ neigen, ist die „echte“ Winterdepression (SAD - Seasonal Affective Disorder genannt) relativ selten. Schätzungen zuvolge ist nur eine von zehn im Winter auftretenden, behandlungsbedürftigen Depressionen SAD.1 Dabei sind Frauen viermal häufiger betroffen als Männer.² Typisch für eine solche Winterdepression sind Müdigkeit, ein vermehrtes Schlafbedürfnis, sich ausgepowert und schlapp zu fühlen sowie Heißhungerattacken auf Süßes und Fettiges.2,3,4 Dagegen sind viele andere Formen der Depression eher durch Schlaflosigkeit oder Appetitlosigkeit gekennzeichnet – und enden vor allem nicht automatisch, sobald die Tage länger werden. Doch der Lichtentzug kann auch auf andere Formen der Depression negative Auswirkungen haben.
Licht steuert Hormone – Hormone steuern unsere Stimmung
Das Tageslicht beeinflusst unseren inneren Tag-Nacht-Rhythmus und der wiederum die Ausschüttung der Hormone Serotonin und Melatonin.2,3,4 Der Mangel an Sonnenlicht führt zu einer geringeren Produktion von Serotonin, dem „Stimmungshormon“, das auch bei Depressionen eine wichtige Rolle spielt: So wird die Entstehung von Depressionen mit einem Serotoninmangel in Verbindung gebracht. Die meisten Antidepressiva verschieben Serotonin in den Nervenzellen so, dass es aktiver wird. Einige führen zusätzlich sogar zu einer generellen Erhöhung von Serotonin in den Nervenzellen. Viel Dunkelheit kann deshalb bei einer Depression nicht guttun. Melatonin hingegen, das „Schlafhormon“, wird bei Lichtmangel vermehrt ausgeschüttet – und macht uns müde und antriebslos.2,3,4 Aber auch ein drittes wichtiges Hormon ist vom Sonnenlicht abhängig: Vitamin D, das eigentlich kein Vitamin sondern ein Hormon ist, wird überwiegend in der Haut mit Hilfe starker Sonneneinstrahlung gebildet. Im Winter ist ein erheblicher Teil der Deutschen deshalb mit Vitamin D unterversorgt. Vitamin D spielt nicht nur eine wichtige Rolle für die Knochengesundheit, Studien deuten auch auf einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und depressiven Symptomen hin.²
Blick nach Norden
Wer in Richtung Polarkreis schaut, stellt jedoch fest, dass wir es in Deutschland mit unseren rund acht Stunden Tageslicht im Winter noch vergleichsweise gut getroffen haben: Nördlich von Stockholm gibt es zur gleichen Zeit nur noch 4-5 Stunden Tageslicht. Zwar treten diagnostizierte Depressionen in Schweden nicht häufiger auf als in Deutschland,5 11% der Landsleute geben jedoch an, unter einem Winterblues zu leiden.6 Was machen die Schweden dagegen? Viel öfter als bei uns sind in Schweden Büros und Wohnzimmer mit hellen Tageslichtlampen ausgestattet, die genauer als herkömmliche Glühbirnen das Spektrum des Sonnenlichts abbilden. Viele Schweden nutzen die Mittagspause, um zumindest kurz raus ins Freie zu gehen. Und dann bietet der Winter in Schweden besondere Möglichkeiten, um sich am Wochenende draußen zu bewegen: Da geht es zum Schlittschuhlaufen, auf Schneewanderungen oder es wird einfach auch mal bei Minusgraden der Grill angeworfen.7
Im Winter so viel Licht wie möglich zu tanken, ist auch die Empfehlung der Ärzte: Bei Winterdepressionen gilt die Lichttherapie als Therapie der Wahl, bei der sich die Betroffenen vorzugsweise morgens vor eine sehr helle, künstliche Lichtquelle setzen.² Ebenfalls empfohlen wird die Einnahme von Vitamin D Supplementen.²
Was uns im Winter guttut:7,8
- Gemeinsam raus ins Freie und sich bewegen: Spaziergänge mit der Familie oder Fahrradtouren mit Familie und Freunden bringen auf mehreren Ebenen unsere Hormone in Schwung: Sowohl das viele gute Tageslicht, als auch die Bewegung fördern die Ausschüttung von Serotonin. Und nichts macht uns als soziale Wesen glücklicher, als mit anderen Menschen zusammen zu sein. Schlechtes Wetter hält Sie drinnen? Outdoorjacke an und nichts wie raus!
- Verwöhnen Sie sich mit Vitaminen: Besonders süße und fettige Gerichte, wie Weihnachtsgebäck, Pralinen oder ein Gänsebein sind im Winter eine ständige Versuchung, tun uns aber höchstens kurzfristig gut. Machen Sie deshalb bewusst das Gegenteil und investieren Sie in tropische Früchte, tiefgefrorene Beeren, frischen Feldsalat und Kräuter, die ihre selbst gekochten Gerichte aufpeppen. So viele Vitamine boosten Energie und Stimmung. Ein Stück gebratener Heilbutt oder Lachs hebt den Vitamin D Spiegel. Noch besser als eine frische Mahlzeit ist übrigens eine, die auch gemeinsam gekocht und gegessen wird.
- Machen Sie Ihr Leben bunt: Wenn draußen alles trist und grau ist, strahlen drinnen kräftige Farben um so mehr. Farbenfrohe Kleidung hebt die Laune – bei sich selbst und bei anderen, die uns dafür ein Lächeln schenken. Bunte Tischsets und ein Blumenstrauß in der Vase erfreuen dann bei den Mahlzeiten. Vielleicht dekorieren Sie auch gerne – mit selbst gemalten Bildern? Oder suchen Sie sich ein anderes Projekt oder Hobby, das Sie beflügelt und die Gedanken ablenkt.
Quellen:
1) https://www.netdoktor.de/krankheiten/depression/winterdepression/ (letzter Aufruf: 22.11.2020)
2) Melrose S. Seasonal affective disorder: An overview of assessment and treatment approaches. Depress Res Treat. 2015;2015:178564.
3) Magnusson A, Boivin D. Seasonal affective disorder: an overview. Chronobiol Int. 2003 Mar;20(2):189-207.
4) Meesters Y, Gordijn MC. Seasonal affective disorder, winter type: current insights and treatment options. Psychol Res Behav Manag. 2016;9:317-327.
5) https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichte… (letzter Aufruf: 22.11.2020)
6) Rastad C, Sjödén PO, Ulfberg J. High prevalence of self-reported winter depression in a Swedish county. Psychiatry Clin Neurosci. 2005 Dec;59(6):666-75.
7) https://www.handelskammer.se/de/nyheter/hej-da-winterdepression-so-uebe… (letzter Aufruf: 22.11.2020)
8) https://psychcentral.com/blog/12-winter-depression-busters/ (letzter Aufruf: 22.11.2020)