Sexualität bei Depression
(K)ein Zusammenfinden als Paar möglich?
Nähe, Intimität oder sexuelles Begehren – was so natürlich und unbeschwert klingt, ist für Menschen mit einer Depression häufig ein Problem. Insbesondere bei jüngeren Frauen sind „depressive Symptome mit Störungen der Sexualfunktion“ assoziiert.1 Doch woran liegt es, dass eine Depression solche Auswirkungen haben kann?
Gründe für den Verlust der Libido bei Depression
Ursächlich sollen hierfür vor allem die Hauptsymptome einer Depression, wie Antriebslosigkeit oder Interessenlosigkeit sein – und das mit einer hohen Wahrscheinlichkeit.1 Doch die Zusammenhänge zwischen biologischen, psychologischen und ggf. auch medikamentösen Faktoren, zusammen mit partnerschaftlichen Herausforderungen sowie eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer sexuellen Störung im Rahmen der Depression, sind kaum erforscht – obwohl eine Depression in der Allgemeinbevölkerung gar nicht selten auftritt.1 Man geht davon aus, dass ca. 20 von 100 Menschen in ihrem Leben einmal an einer Depression erkranken (werden).1
Zudem kann eine erhöhte Menge an Kortisol, landläufig auch als eines der „Stresshormone“ bekannt, nicht nur durch eine hohe Taktung im Leben ausgelöst werden, sondern auch im Zusammenhang mit einer Depression auftreten – eine Nebenwirkung hiervon kann dann auch eine verminderte sexuelle Lust sein. 2,3 Doch nicht nur der Antrieb, Sex zu haben sinkt unter einer Depression, auch die Häufigkeit sexueller Fantasien lässt nach.1
Auch Antidepressiva, insbesondere die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) sowie in geringerem Maße auch sogenannte Trizyklika, können Nebenwirkungen wie Ejakulations- und Orgasmusstörungen nach sich ziehen – und das, obwohl sie bei vielen Patienten positiv auf die Depression wirken.4
Unterstützung für Betroffene
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie mit den (zusätzlichen) Einschränkungen im sexuellen Bereich so nicht mehr zurechtkommen, können Sie dies in Ihrem nächsten Gespräch mit Ihrem behandelnden Psychiater thematisieren. Er kann dann mit Ihnen besprechen, inwieweit eine Reduzierung der Dosis, das Auslassen vor dem Geschlechtsakt, der Wechsel auf ein anderes Antidepressivum oder die Einbeziehung einer Psychotherapie mögliche Unterstützungsoptionen sein können.5
Zudem kann ein Sexualtherapeut eine wertvolle Unterstützung im Umgang mit der Situation bieten. Eine Liste von möglichen Ansprechpartnern bietet die DGfS (Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung): https://www.dgfs.info/sexualtherapie-therapeutenliste.html
Umgang mit der Sexualstörung
Natürlich ist die Sexualität ein diffiziles Thema, bei dem v. a. die Personen in einer Partnerschaft leiden, wenn sie fehlt oder eher mit Unlust praktiziert werden. Wenn sich die sexuellen Nebenwirkungen oder auch daraus erwachsende Partnerschaftskonflikte abzeichnen, ist ein offener und ehrlicher Kommunikationsstil wichtig.1 Hier kann es helfen, die Situation aus der eigenen Sicht zu beschreiben, wie „Ich vermisse unsere Intimität – gibt es etwas, dass ich tun kann, damit wir uns da wieder näherkommen?“ statt in Beschuldigungen oder Unterstellungen wie „Du hast doch gar kein sexuelles Interesse mehr an mir“ zu verfallen. Wenn durch den Partner positiv und motivierend formulierte Hinweise zu Nähe und Intimität angesprochen werden, fühlen sich eventuell auch die Betroffenen ermutigt, ihre Wünsche zu äußern oder ihre sexuelle Situation zu beschreiben. Intimität muss ja nicht gleich Sex bedeuten – vielleicht ist hier (ohne Druck) einfach körperliche Nähe der erste Schritt, sich eine neue Sexualität zu schaffen.
Quellen:
1. Ebert A. Sexualität und Intimität. Nervenheilkunde 2021; 40: 981.
2. https://www.apotheken-umschau.de/diagnose/laborwerte/cortisol-das-stresshormon-740779.html
3. https://www.endokrinologie.net/pressemitteilung/dauerstress-hormongleichgewicht.php
4. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-30-2019/genitale-taubheit-nach-ssri-und-snri
5. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Langzeitgabe von Antidepressiva – Informationen für Patientinnen/Patienten und Angehörige. 2012. Wien.